Autorin: Susanne Burkhardt  •  Lesezeit 3 Minuten  • 

Augen zu? – „Machen wir nochmal das, mit den Augen zu?“, fragt Rosalie zu Beginn unserer wöchentlichen Lerntherapie-Stunde. Was für ein schöner Augenblick.

Rosalie ist meistens sehr aktiv und suchend mit den Augen in ihrer Umgebung unterwegs. Sie sieht Vieles, nimmt Besonderes wahr. Einen Vogel, der auf dem Dachfirst sitzt, die Wolken, die am Himmel ziehen. Sie entdeckt meine Halskette, meine geschminkten Augen und sie bemerkt meine veränderte Haarfarbe.

Augen zu und stop

Und dann von ihr der Wunsch, die Augen zu schließen. Eine wundervolle Bestätigung, wie sehr Rosalie es genossen haben muss, über diese simple Aktion, zur Ruhe zu kommen und ganz bei sich zu sein. Dieses Wandern von einem Reiz zum nächsten, kann ganz schön anstrengend sein. Also begleite ich sie auf eine kleine Reise durch ihren Körper. Mit geschlossenen Augen, in freudiger Erwartung und Neugierde, lade ich Rosalie ein, sie dürfe sich mit ihrem Atem verbinden.

Spüren mit kindlichem Entdecker-Geist

Wir experimentieren, wo sie sich in ihrem Körper im Moment am wohlsten fühlt, sie vielleicht gerne noch ein Weilchen an diesem Ort verweilen möchte. Sie genießt es. Ein entspanntes Lächeln entsteht auf ihren Lippen und das Gesicht strahlt eine Zufriedenheit aus. Mir wird ganz warm. Weil sie zur Ruhe kommen und ankommen kann – im Moment.

Reizende Reize

Diese gewaltige Flut an Reizen im Außen. All unsere Gedanken – vergleichbar mit Seifenblasen, die unaufhörlich von einer Bubblemaschine produziert werden. Wie rosarote Wolken, die uns auf eine interessante Reise mitnehmen wollen. Vielleicht viel schöner, angenehmer und spannender als das, was gerade ist.

Alles darf sein

Mit Bewusstheit kann es uns gelingen, wahrzunehmen was ist, ohne die Gedanken und Reize unterdrücken oder kontrollieren zu müssen. Alles darf sein, so wie es ist. Ich nehme bewusst wahr und entscheide, mich auf die Wolke zu setzen oder die Wolke ziehen zu lassen.

Rosalie geht aus Gewohnheit mit den Reizen, mit den rosaroten Wolken und mit den Seifenblasen. Sie entscheidet nicht. Sie kann es noch nicht anders. Noch nicht!

Susanne Burkhardt