Autorin: Antje Künstle • Dauer: 5 Minuten  auch als Podcast •


Unterschiedliche Bedürfnisse – Heute brauche ich Ruhe, will mal entspannen, mein Partner aber möchte den Tag mit mir aktiv verbringen und schlägt eine Radtour vor. Eine typische Situation im Beziehungs-Alltag. Nicht nur. Auch im Berufsleben oder unter Freunden kommt es immer wieder zu Spannungen, weil man unterschiedliche Bedürfnisse hat.

Gibt es ein Patentrezept, damit umzugehen?

Ernst nehmen

Zunächst wollen Bedürfnisse erst einmal ernst genommen werden. Dann kann man schauen, wie stark das Bedürfnis ist. Wenn eine Erkältung bevorsteht und man möchte nur noch ins Bett, dann sollte man nicht der Freundin zuliebe mit zum Konzert gehen. Auch auf die Gefahr hin, dass sie dann enttäuscht ist. Aber Enttäuschung muss nicht sein, wenn wir verstehen, dass eine Absage einfach nur dem temporären Bedürfnis geschuldet ist. Der andere sorgt für sich. Als Freund oder Partner kann ich das nur gut heißen, denn mir liegt ja etwas an ihm oder ihr.

Bedürfnisse ändern sich

In der Regel suchen wir Partner und Freunde danach aus, dass sie ähnliche Interessen haben. Aber nur, weil man sich für dieselben Dinge begeistert, heißt das noch lange nicht, dass man immerzu einer Meinung ist und auf dieselben Dinge Lust hat. Aber es kann auch passieren, dass sich grundlegende Bedürfnisse und Interessen in Freundschaften oder Partnerschaften generell verändern und auseinander entwickeln. Dann ist guter Rat teuer. Im Laufe der Jahre kann das durchaus passieren.

Raum geben

Wir alle entwickeln uns weiter, aufgrund von Erfahrungen und Lebenssituationen. Jeder in seinem Tempo in seine Richtung. Mit Achtsamkeit kann man dies erst einmal nur „wahrnehmen“. Dann dürfen die jeweiligen Interessen oder Bedürfnisse auch gewürdigt werden, jedem seinen Raum geben für das was ihm gerade wichtig ist. Mit liebevoller Achtsamkeit und Respekt für den freien Willen des anderen. Und dann kann man schauen, ob in anderen Bereichen noch Gemeinsamkeiten da sind, die verbinden. So kann man auch Differenzen überwinden.

Unterschiede

Zum Beispiel, wenn man sich trotz unterschiedlicher Bedürfnisse der Freizeitgestaltung aber für dieselben Gesprächsthemen begeistert. Natürlich freuen wir uns, wenn wir uns im anderen wiederfinden und Gemeinsamkeiten entdecken. Aber auch das Unterschiedliche hat seinen Reiz. Wir ergänzen uns und wir können voneinander lernen. Doch das erfordert Toleranz und Verständnis. Verständnis dafür, dass jeder Mensch anders ist, anders denkt, anders fühlt und dadurch mit den Geschehnissen in der Welt auch anders umgeht.

Das WIR-Gefühl

Gerade jetzt in dieser Zeit suchen wir Verbündete, Gleichgesinnte, denn das gibt uns das Gefühl, nicht allein zu sein. Und wie schnell verurteilen wir jemand, der eine andere Theorie verfolgt oder sich nicht an das hält, was wir momentan für richtig halten. Auch hier bedarf es großer Achtsamkeit, denn bewerten und verurteilen führt zu Abgrenzung, ja sogar zu Trennung.

Das verdammte Ego

Es ist leichter andere zu beschuldigen, als sich selbst und das eigene Verhalten zu hinterfragen. Solange wir im Ego sind, haben wir alle unsere eigene individuelle Wahrheit, das heißt wir schauen durch unsere getönte Brille auf die Welt. Und meistens fühlen wir uns im „Recht“ mit unserer Sichtweise. Wenn wir aber erkennen, dass alle anderen ihre eigene Färbung der Brille haben, erkennen wir, dass jeder die Welt ein wenig anders wahrnimmt. Und daraus kann Verständnis wachsen.

Ihre Antje Künstle