Autorin: Antje Künstle • Dauer: 5 Minuten  


Banalitäten sind auch wichtig. Meistens fallen mir sehr leicht Themen ein, über die ich schreiben könnte. Denn oft ist das Leben im Außen, aber auch Prozesse in mir selbst, spannend genug um darüber zu philosophieren. Und während ich so darüber sinniere, welche aktuelles Thema sich anbietet, wird mir bewusst, dass ich auf die übergeordneten Themen in unserer momentanen Welt so gar keine Lust habe.

Corona und Donald

Corona und Donald Trump, nein danke. Es gibt genügend Berichte und Meinungen darüber, da muss ich jetzt nicht auch noch meinen Senf dazugeben. Und so lass ich mich wieder ablenken und schau mir Rezepte auf Youtube an und sage nebenbei im Spaß zu meinem Mann: „Ich könnte über mein neues Hobby, das Backen schreiben. Aber wäre das nicht viel zu banal? Wo unsere Welt doch gerade so im Umbruch ist.“ Banalitäten

Nein, meint er, das Einfache ist auch wichtig. Es fängt immer alles im Kleinen an. Weise Worte und Vielen Dank. Und schon sitz ich am Schreibtisch.

Keine Sorge, ich werde sie nicht mit Backrezepten langweilen. Und ich weiß sehr wohl, dass es eine Art Massenphänomen im vergangenen Jahr geworden ist, dass sich Menschen wieder mehr mit dem Zubereiten von Essen und ihrer Ernährung auseinandersetzen. Wir erinnern uns daran, dass im letzten Frühjahr nicht nur Toilettenpapier, sondern auch Hefe- und Mehl ausverkauft waren. Es kann daran liegen, dass durch Kurzarbeit plötzlich mehr Zeit vorhanden ist, man weniger Lust auf einkaufen hat und der Gang ins Restaurant oder die Kantine wegfällt. Mir hat Backen und Kochen schon immer Freude gemacht, nur im Alltag zwischen all den Terminen war es einfacher, auf dem Heimweg schnell beim Bäcker vorbeizugehen, anstatt selber einen Brotteig zu machen. Banalitäten

Zeit – Geduld – Vertiefung

Denn der Brotteig braucht Zeit, man muss ihn „gehen lassen“. Je länger umso besser. Wer ein schnelles Ergebnis will, ist hier fehl am Platz. Hier ist Geduld gefragt. Aber wenn man das selbstgemachte Brot dann auf dem Teller hat, wird man belohnt. Ganz allgemein habe ich für mich entdeckt, dass Backen beruhigt, entschleunigt, und Glücksgefühle hervorbringt, wenn man es bewusst macht. Banalitäten

Letztens hatte ich meine erste Live-Online-Yogastunde. Nachdem ich tagelang recherchiert habe, welches Programm sich dafür anbietet und mich mit der Technik herumgeschlagen hatte, war es dann soweit. Natürlich lief es nicht ohne Komplikationen über die Bühne und so sehr ich Yoga liebe, diese Art zu Unterrichten mit all der Aufregung, ob die Technik funktioniert, war erstmal recht anstrengend.

Ich war erschöpft danach, hatte Kopfschmerzen und wollte nur noch aufs Sofa. Aber irgendwie hat es mich in die Küche getrieben und ohne darüber nachzudenken, hab ich angefangen zu backen. Zutaten zusammenstellen und abmessen, Teig kneten und formen, ruhen lassen, ab in den Ofen, Hmm … wie das duftet. Banalitäten

Belohnt und glücklich

Am Ende hatte ich einen Quarkstollen, sowie Vollkornbrötchen und ein ayurvedisches Dhal (Linsengericht) gemacht und war glücklich und entspannt. Backen und Kochen regt alle Sinne an und verbindet uns so ganz mit dem gegenwärtigen Augenblick. Und dabei hatte ich ein Erfolgserlebnis und war wieder versöhnt mit mir und der Welt. Banalitäten

Natürlich hat man gerade in diesen Zeiten das Bedürfnis, über Tiefsinniges zu schreiben, etwas, was aufrüttelt, darauf hinweisen, um was es im Leben wirklich geht. Die Welt ist in einem Prozess und jeder einzelne Mensch auf Erden auch. Aber können wir wirklich die ganze Welt retten? Nein. Was wir aber tun können, ist dafür zu sorgen, dass jeder für sich ein ausgeglichener und friedlicher Mensch ist. Alles fängt bei uns selbst an, im Kleinen.

Ganz im Sinne von Ernst Festl (österreichischer Lehrer und Dichter)

„Ein einfaches Mittel, die Welt zu verbessern ist, sich und anderen etwas Gutes zu tun.“

Vielleicht probieren Sie es ja auch einmal mit Backen. Eine tiefe und entschleunigende Erfahrung und ein leckeres Ergebnis wünscht ihnen Banalitäten

Ihre Antje Künstle