Autorin: Antje Künstle • Dauer: 6 Minuten • 


Tapas – Disziplin. Nein, es geht heute nicht um spanische Häppchen, sondern um eine Eigenschaft, die in der Yoga Tradition fest verankert ist. Tapas ist eine der Verhaltensregeln innerhalb des achtfachen Yogapfades nach Patanjali, einem der Urväter des Yoga.

Tapas

Tapas bedeutet Disziplin, Anstrengung, Bemühung Zielstrebigkeit aber auch Feuer oder innere Glut. Wer ein klares Ziel vor Augen hat und mit Leidenschaft sein Tun verrichtet, wird eher zu einem Ergebnis kommen, als jemand der nur halbherzig dabei ist. Tapas ist das ausdauernde Bestreben nach einem höheren Ziel.

Gute Absichten sind sinnlos, solange man nicht Taten folgen lässt .Es reicht nicht, einfach nur neugierig zu sein. Man sollte ein wirkliches Verlangen nach spiritueller Entwicklung in sich spüren, denn auf dem Weg gibt es viele Hindernisse. Und um diese immer und immer wieder zu überwinden braucht es Disziplin und geistige Ausdauer. Tapas lässt sich nicht aneignen oder lernen, es muss von innen kommen. In der Sportwissenschaft spricht man von extrinsischer und intrinsischer Motivation. Tapas – Disziplin

Extrinsisch

Die extrinsische Motivation ist diejenige, die entsteht, wenn eine äußere Belohnung erwartet wird. Oder wenn andere Menschen einen antreiben oder unter Druck setzen, ein bestimmtes Ziel zu erreichen.

Intrinsisch

Die intrinsische Motivation, zu der auch Tapas gehört, entspricht der inneren Einstellung. Wer wahrhaftig siegen will, hat bessere Chancen als jemand, der von seinem Trainer dazu getrieben wird. Der intrinsisch Motivierte braucht niemanden, der einen immer wieder an das Ziel erinnert, er hat es verinnerlicht und verfolgt es gerne und konsequent.

Im Aryuveda gibt es unter den 3 Konstitutionen auch unterschiedlich motivierte. Wer eine starke Pitta Konstitution (Feuer Element) hat, ist quasi von Haus aus mit Disziplin und starkem Willen ausgestattet.

Der Kaphatyp (Erde) hingegen braucht mehr Unterstützung von außen, er kann sich schlecht selber motivieren. Wie kann man mit einem ausgeprägten Kapha Anteil doch noch Disziplin und aufrechtes Bemühen in sein Leben bringen? Man sollte sich die Macht der Wiederholung zunutze machen. Wenn man sich eine zeitlang überwindet und z.B. über Wochen hinweg regelmäßig früher aufsteht, um Yoga zu praktizieren, dann entwickelt sich so etwas wie eine neue Gewohnheit. Erst dann entsteht Ausdauer und die Freude am Tun stellt sich ein. Tapas – Disziplin

Aber mit welchen Mitteln, können wir uns in unserer Selbstdisziplin unterstützen? Es gibt Menschen, denen es leicht fällt, sich jeden Tag ihrer Yoga-/Meditations-/Achtsamkeits-praxis zu widmen. Aber für viele ist es eine Herausforderung, z.B. eine halbe Stunde früher aufzustehen, um mit Meditation oder Atemübungen den Tag zu beginnen. Überlegen Sie sich einmal, was genau können Sie heute oder in den nächsten Tagen tun, um Ihr Bemühen aufrecht zu halten? Um eine gewisse Disziplin zu leben braucht es ein klares Ziel.

Reizvolle Ziele

Dieses Ziel sollte reizvoll sein. Aber es sollte auch erreichbar sein. Wer sich zu hohe Ziele steckt, gibt schnell wieder auf. Formulieren Sie heute Ihr persönliches Ziel (es dürfen auch mehrere sein). Wichtig dabei ist, dass Sie Ihr Ziel positiv beschreiben und in der Gegenwart; so, als hätten Sie es bereits erreicht.

Zum Beispiel: „Mit Hilfe meiner täglichen Meditation meistere ich meinen Alltag mit Freude und Gelassenheit.“

Erinnerungen

Und damit Ihre Absicht nicht in Vergessenheit gerät, erinnern Sie sich daran. Mit Notizen auf dem Küchentisch oder einer schönen Yogapostkarte. Legen Sie Ihre Yogamatte, Ihr Meditationskissen mitten im Raum aus, so dass sie quasi darüber stolpern. Tapas – Disziplin

Überlegen Sie sich heute und in den kommenden Tagen, welche Dinge, sie schon länger vor sich herschieben. Unerledigte Arbeiten, die man nicht erledigt, werden mit jedem Tag größer und es wird von Tag zu Tag schwerer sich aufzuraffen. Machen Sie sich einen Plan mit den 3 notwendigsten Dingen, die Sie in den nächsten Tagen abarbeiten werden. Wenn man erst damit beginnt, ist die eigentliche Arbeit oft gar nicht mehr so schlimm. Und Sie können mit der nötigen Achtsamkeit und Hingabe eventuell sogar Spaß an der Sache finden. Auf jeden Fall werden Sie von einer Welle der Zufriedenheit belohnt, wenn Sie diese Aufgaben erledigt haben. Und Zufriedenheit (Santosha) ist auch eine der Verhaltensregeln auf dem Yogapfad. Tapas – Disziplin

Ihre Antje Künstle

Zitate zum Thema Tapas

Swami Vishnudevanda:
Euer Schicksal ist weder in meiner Hand noch in der von jemand anderem. Euer Schicksal ist in euren eigenen Händen. Ich kann euch zeigen, wie ihr auf dem Kopf steht, aber ich kann es nicht für euch tun. Das gleiche ist mit euren Füßen. Ihr selbst müsst auf euren eigenen Füßen stehen. Nur dann könnt ihr anderen helfen. Das ist der Grund, warum ihr hier seid, diese Disziplin zu lernen, dieses Wissen zu erlangen. Das großartigste Wissen des Yoga ist das der Disziplin.

Hildegard von Bingen:
Disziplin bedeutet, dieses wilde Pferd zu beherrschen, diesen wilden Geist. Da ist nichts Geheimnisvolles dabei. Der Feind, den ihr bekämpft, ist nicht irgendwo außerhalb. Er ist in eurem eigenen Geist. Der Geist allein ist der Grund eurer Knechtschaft. Der Geist allein ist der Schlüssel zu eurer Befreiung. Das Ergebnis wird davon bestimmt, wie ihr den Geist einsetzt.

B.K.S. Iyengar:
„Alter ist nichts, was uns am Üben hindern könnte. Man muss nur einen starken Willen haben“