Autorin: Dr. Kathrin Brodowski • Dauer: 5 Minuten • 


Dur & Moll – Ich weiß gar nicht mehr, wann es passiert ist oder wie. Ob es schleichend kam oder plötzlich. Es kam so lautlos über mich, dass ich nichts bemerkte. Als wäre die Musik meines Lebens erloschen, es gab nur noch Dur, und Moll hatte aufgehört zu spielen. Ich weiß auch noch nicht einmal, wann ich es merkte oder ob ich es merken wollte. Ich merkte nur etwas veränderte sich. Und ich merkte es immer deutlicher. Heute weiß ich, ich hatte sie verloren, meine Seele, mich selbst.

Schwerer als sonst

Am Anfang war es, so glaube ich, noch gar nicht so schlimm. Ich glaube da konnte ich mich noch gut mit all den Dingen beschäftigen, die das Leben so mitbringt, Arbeit, Haushalt und dies und das. Und ich war auch nicht wirklich unglücklich – ich war nur anders. Wenn ich das Gefühl beschreiben müsste, dann wäre es als hätte mein Leben ein zementartiges Gewicht und alles fiel mir schwerer als es sonst für mich üblich ist.

Darüber wunderte ich mich zwar, aber zuerst konnte ich es nicht greifen. Denn natürlich habe ich mein Leben trotzdem gemeistert, auch wenn es schwerer war als üblich. Ich redete mir ein, dass das Leben ja auch nicht nur Sonnenseiten haben kann, nun ja – dann ist es jetzt halt mal schwerer – auch gut. Dur & Moll

Treibholz

Aber ich war beunruhigt, beunruhigt über mein Sein, dass irgendwie kein Sein mehr war, sondern Schein. Und ich beschrieb mich als ein Stück Treibholz, dass gerade nicht weiß, ob es vor Südafrika daher treibt oder vor Tasmanien, oder ob es vielleicht doch bald in Argentinien an Land geschwemmt wird. Es war dieses passive Dasein gepaart mit einer Richtungslosigkeit, die ich merkte, die ich aber nicht beeinflussen konnte.

Und auch wenn ich es beschreiben konnte, ich wusste nicht was ich tun sollte. Nur eines wusste ich, dass ich mir nicht mehr gefiel. Ich glaube von außen hat es niemand bemerkt, ich funktionierte ja, es war nur, dass ich nicht mehr ich war. Während mein Umfeld Dur noch hörte, vermisste ich Moll so sehr, dass es mich innerlich zerriss. Bis ich Stopp sagte, stopp zu mir selbst, ich nahm eine Auszeit. Dur & Moll

Musik kam zurück

Heute weiß ich, es war gut so. Es war die beste Entscheidung. Ich konnte mich nur noch um die Musik in meinem Herzen kümmern, 24 Stunden am Tag. Ich las wieder Dinge, die meine Seele betrafen, ich ging in eine Kapelle und ich war viel draußen. Ich war für mich, ich konnte meinen Kompass neu ausrichten und in mich hinein hören. Es waren nur ein paar Tage, aber ich fühlte mich wieder und die Musik kam langsam zurück.

Verlorene Seele

Und ich wusste auf einmal, dass ich meine Seele verloren hatte – ein sehr trauriger Moment. Und ich spürte es ganz tief innen, dass es sie gibt. Anfangs war sie nur sehr leise zu hören, aber um so mehr ich mir Zeit nahm für meine Seele, um so lauter wurde sie. Jetzt pflege ich sie wieder, ich kann Lautes um mich herum nur bedingt ertragen, da ich sie dann nicht höre, um so schöner ist es jeden Tag mit ihr zu meditieren. Und ich nähre sie mit guten Gedanken und Inspirationen. Jeden Tag tue ich etwas für mich, ich pflege mich – ich glaube eine Seele braucht Pflege, keine aufregende und aufwändige Pflege, sondern eher eine kontinuierliche und leise. Dur & Moll

Moll klingt wieder

Bis jetzt ist Moll wieder da, meine Musik des Lebens hat ein größeres Repertoire bekommen, und ich hoffe, dass dieses Gefühl mich nie wieder beschleicht, und die Leere der Fülle für immer weicht. Und wenn doch, dann werde ich alles tun, um sie zu hören, denn ich weiß jetzt, es gibt sie – und jeder hat sie – eine Seele, eine Seele, die gehört werden möchte.

Mögest auch Du immer den Kontakt zu deiner Seele behalten!

Ihre Kathrin Brodowski