Autorin: Susanne Burkhardt • Dauer: 5 Minuten • 


Bedürfnisse und Wohlbefinden. Was macht es eigentlich aus, dass es uns gelingen kann, im Einklang mit unseren eigenen Bedürfnissen zu handeln? Wenn wir Ziele verfolgen, die wir selbst ausgewählt haben und sie als eigene Ziele erleben? Ob diese Handlungen und Ziele zu meinen Bedürfnissen, Fähigkeiten und Wertvorstellungen passen? Werden wir dann mit Wohlfühlen und psychischer Gesundheit belohnt?

Myla – 12 Jahre

Ein junges Mädchen, 12 Jahre, hatte mich diese Woche sehr zum Nachdenken angeregt.

Wir sprachen über ihre momentane Befindlichkeit. Da waren Wut, Traurigkeit, Enttäuschung, Unzufriedenheit und Hilflosigkeit. Stattdessen wünschte sich Myla, glücklich zu sein, frei und unbeschwert. Sie hätte genug davon, Dinge tun zu müssen, die sie nicht wolle und in Freundschaften die Opferrolle einnehmen zu müssen. Es gab eine Reaktion auf diese Erfahrungen. Myla kam ins Handeln und sie beschrieb eindrücklich, dass sie etwas getan habe, was man eigentlich nicht tun solle. Sie habe sich mit einer Schere mehrmals am Unterarm geritzt. Warum? Weil sie habe wissen wollen, ob sie noch da sei. Bedürfnisse und Wohlbefinden

Anscheinend oder offensichtlich hatte Myla den Kontakt zu sich selbst, sich selbst zu spüren, verloren. Man hört einiges über die Selbstverletzung. Passiert! Passiert wohl ganz oft den Mädchen. Überwiegend ritzen sich Mädchen.

Bedürfnisschicksale

Gefühle zeigen „Bedürfnisschicksale“ an. Positive Gefühle entstehen, wenn ein Bedürfnis befriedigt wird. Negative Gefühle entstehen, wenn dies nicht gelingt oder die Gefahr besteht, dass ein Bedürfnis verletzt wird. So erklärt sich, warum das Spüren und Wahrnehmen von Körpersignalen so wichtig für selbstbestimmte Entscheidungen und Handlungen ist. In jeder bewussten Handlung steckt eine Form von Entscheidung. Automatisierte Handlungen laufen einfach ab. Es sei denn, ich entscheide mich, den Automatismus zu stoppen, weil ich spüre, dieses Handlungsmuster tut mir nicht gut, auch wenn ich es mir aus irgendeinem Grund angewöhnt habe. Vermutlich war das Handlungsmuster auch mal zielführend und gewinnbringend für mich.

Wie soll ein junger Mensch sich im Gefühlschaos zurechtfinden und die Körpersignale richtig deuten können? Welche Botschaft möchte denn mein Körper mit diesem Kloß im Hals, dem Grummeln im Bauch mir übermitteln? Außerdem will ich dieses Gefühl gar nicht haben und ich verdränge es am besten. Die Orientierung nach außen ist das, was man kennt und gewohnt ist. Was tut das „schwache Ich“ nicht alles, um gesehen, geliebt und anerkannt zu werden? Da unterdrückt man auch mal schnell seine Bedürfnisse. Der Verstand muss es ja wissen. Die Selbstkontrolle wird ins Boot geholt. Wir fügen uns einer selbstfremden Absicht und unterdrücken unsere Basisbedürfnisse. Für kurzfristige Interventionen ist das O.K. Dauerhaft schädigen wir uns selbst und unser Wohlbefinden. Bedürfnisse und Wohlbefinden

Vermutlich hat das Myla so gelebt. Die Werkzeuge, sich im Dschungel der Gefühle/ Emotionen zurecht zu finden, standen ihr nicht zur Verfügung.

Muss es weh tun?

Dafür darf sie aber in der Schule viele Dinge lernen, die mit Mathematik, Naturwissenschaften, Deutsch und Englisch zu tun haben. Sie beschäftigt sich mit ihrer Umwelt, mit Gesetzmäßigkeiten, mit Geschichte und der Vergangenheit. Die emotionale Intelligenz kommt eindeutig zu kurz. Die Fähigkeit dazu wird uns nicht in die Wiege gelegt. Nein! Aber man kann ja schließlich aus Erfahrungen lernen. Manche behaupten sogar, es müsse richtig weh tun, dann sei die Wirkung am nachhaltigsten. Bedürfnisse und Wohlbefinden

Die Achtsamkeit und die Wachsamkeit als wertvolle Fertigkeiten zu erlernen, gehört meiner Meinung und Erfahrung nach in die Lehrpläne der Schulen.

Achtsamkeit – Wachsamkeit

Besonders am Herzen liegt mir dabei das Erwähnen der Wachsamkeit, welche erst durch die Fähigkeit zur Achtsamkeit ermöglicht wird. Die Wachsamkeit wird als breite, intelligente Aufmerksamkeit im Hintergrund des Bewusstseins beschrieben. Sie ist die Achtsamkeit unseres Selbst. Wir brauchen die Fähigkeit, uns auf eine andere Perspektive einlassen zu können und dabei gleichzeitig den Kontakt zu uns selbst nicht zu verlieren. Es ist von entscheidender Bedeutung, die Basisbedürfnisse im Moment präsent zu haben. Damit kann es gelingen, dass eine Handlung weniger häufig bereut wird, weil ich im Einklang mit meinen Bedürfnissen handeln konnte. Bedürfnisse und Wohlbefinden

Wohlbefinden stellt sich ein und damit wird die Verbundenheit zu uns selbst wertvoll vertieft.

Susanne Burkhardt