Autorin: Sibylle Schiller • Dauer: 5 Minuten • 


Das Leben geht weiter. Ich möchte an den Artikel von Susanne Holst-Franke anknüpfen. Danke Susanne für den Impuls! Vor einem Jahr sind wir als Familie mit dem Thema Loslassen direkt konfrontiert worden – wir mussten Ehemann, Papa und Opa loslassen. Ein langer Weg, der bis heute noch etappenweise aufgearbeitet wird. Ich denke jeder, der einen geliebten Menschen verloren hat, weiß wovon ich spreche.

Ein langer Weg der Hoffnung, des Kämpfens um Zeit, ein sehr intensiver gemeinsamer Weg der zu Ende ging. Das Leben geht weiter

Was geschah danach?

Jeder hat für sich seinen Weg finden müssen mit seiner Trauer und seinem Schmerz umzugehen sowie sie loszulassen. Die Zeit blieb stehen, es folgten Phasen der Verdrängung, ja auch der Wut, der Selbstzweifel, der Traurigkeit bis hin zu depressiven Phasen und dann kam langsam das Akzeptieren. Es gab gute und schlechte Tage im Wechsel für uns alle. Viele Gespräche mit Vertrauten und Freunden sowie Familie, symbolische Rituale zur Verarbeitung etc..

Die Zeit heilt viel – jedoch nicht alles.

Der Gedanke

Der Gedanke im Bewusstsein – jetzt ist nur noch die Mama da – der andere Elternteil fehlt. Das Leben geht weiter

Und dann?

Die Sorge um Mama. Die Frage wie lange bleibt sie noch bei uns? Schafft sie es nach fast 70 Jahren gemeinsamer Zeit loszulassen nach vorne zu schauen und JA zu sagen zum Leben?

Ja

Obwohl ihr erster Impuls war ihm zu folgen. Es war und ist nicht einfach für sie gewesen den Weg aus der Trauer herauszufinden und mit 88 Jahren das Leben neu zu beginnen.

Aber

Sie lebt ihr Leben weiter, es gibt wie schon erwähnt gute und es gibt weniger gute Tage. Jeder Tag ist inzwischen geprägt von ihrer Fürsorge für sich selbst und auch für die Familie. Sie steht wie gewohnt auf, sie bereitet sich wie gewohnt jeden Tag selbst ihre Mahlzeiten zu, macht sich Gedanken darüber was sie kocht und freut sich an ihren selbst zu bereiteten, leckeren Mahlzeiten. Sie geht wie gewohnt einkaufen, pflanzt Gemüse an, pflegt ihren Rosengarten und übernimmt ganz selbstverständlich Papas Aufgaben. Erzählt ihm viel und spricht mit ihm. Ihre Art der Aufarbeitung. Sie geht wieder in ihren geliebten Sportunterricht und zum Schwimmen. Nimmt am Leben teil. Das Leben geht weiter

Ich habe sie beobachtet

Ich schaute vor einiger Zeit bei ihr vorbei, um mit ihr einkaufen zu gehen. Sie war gerade im Garten und setzte Saatgut ein; ich setzte mich ins Gras und sah ihr dabei fasziniert zu. Sie säte Saatkorn für Saatkorn liebevoll in die dafür vorbereitete Kuhle ganz vertieft in dem was sie genau JETZT macht.

Mit der gleichen Achtsamkeit verrichtet sie alle ihre Dinge des täglichen Lebens. Sie hat losgelassen und ist im Leben geblieben, achtsam, bewusst! Auch wenn die Trauer einen festen Platz in ihrem Herzen hat. Das Leben geht weiter

Ihre Worte:
„Ich muss mein Leben leben und ich will noch so lange es geht für Euch da sein. Aber ihr müsst lernen auch mich Loszulassen, wenn es soweit ist. Und was soll ich sagen ich hatte und habe ein schönes Leben mit Papa mit Euch. Ich bin zufrieden, was will ich mehr .“

Gelebte Achtsamkeit? Gelebtes Loslassen?

Für mich auf jeden Fall.

Das Leben geht weiter und wir sollten es auch.“ | Spencer Johnson

Ihre Sibylle Schiller