Autor: Thomas Schönmetz • Dauer: 5 Minuten • 


Gefährliche Haushaltshilfe – der übereifrige Dschinn. Einst lebte eine Mutter alleine mit ihren drei Kindern in einem baufälligen Haus am Rande des Tronerwaldes. Tagein, tagaus wusch sie Wäsche, kochte für ihre Kinder, half bei den Hausaufgaben, putzte, hielt den Garten in Ordnung und kümmerte sich auch um alle sonstigen anfallenden Sorgen und Nöte der Familie. Am Vormittag arbeitete sie außerdem noch halbtags im Lebensmittelgeschäft des Ortes. Viele Jahre hielt sie diesem belastenden Alltag stand, dann wurde es ihr zu viel. Sie begann um Hilfe zu beten. Und ein Gott war ihr gnädig.

Wünsche

Der Gott sprach: „Liebe Frau, wenn du es möchtest, sende ich dir einen Dschinn. Er wurde aus rauchlosem Feuer erschaffen. Dieser Dschinn wird für dich alle anfallenden Arbeiten erledigen. Aber es gibt einen Haken. Du musst den dienstbaren Geist immer beschäftigt halten, ansonsten wird er dir Schaden und großen Kummer zufügen.“

Mit großer Erleichterung entgegnete die Frau: „Oh vielen Dank! Bitte sende mir diesen Dschinn. Es wird kein Problem sein, ihm stets etwas zu Tun zu geben.“ Da erschien im Wohnzimmer in einem hellen Licht vor der betenden Frau ein durchsichtiger Geist und verneigte sich. „Was wünscht Ihr, das ich tue?“

Mit einem Lächeln auf den Lippen bat die Frau den Dschinn, das Haus zu putzen. Sofort machte sich der dienstbare Geist an die Arbeit. Er arbeitete so schnell, dass die Frau ihn nur hin und wieder aufblitzen sah. Nach zehn Minuten funkelte das ganze Haus in frischem Glanz. Die Frau war höchst zufrieden und befahl: „Nun repariere das Dach. Im oberen Badezimmer regnet es durch.“ Nach kurzer Zeit stand der Dschinn wieder vor der Frau. Das Dach war geflickt und komplett von Moos befreit. „Nun grabe das Gemüsebeet im Garten um.“ Dafür benötigte der Dschinn nur drei Minuten.

Es wird mulmig

Langsam wurde der Frau mulmig zumute. Sie erkannte, dass sie für den Dschinn bald keine Arbeit mehr finden würde und erinnerte sich der Mahnung des Gottes. Erst stieg Angst, dann Panik in ihr auf. In größter Not fiel ihr der Weise ein, der in den Tiefes des Tronerwaldes lebte. Sie sagte zum Dschinn: „Trage mich zu dem Weisen des Waldes.“ Dort angekommen hörte sich der alte Weise geduldig die eilig hervorgebrachte Notsituation an. Nachdem die Frau geendet hatte, empfahl er: „Bitte den Dschinn, die Eiche vor dem Haus immer wieder hinauf und hinunter zu klettern.“

Die Frau tat wie geheißen und gemeinsam beobachteten sie, wie der Dschinn den riesigen Baum hinauf und hinab stieg. Zu Beginn konnten sie mit ihren Augen kaum folgen, doch nach einer Viertelstunde wurde der Dschinn deutlich langsamer. Als eine weitere halbe Stunde vergangen war, schaffte er den Anstieg nicht mehr.

Zur Ruhe kommen

Zutiefst erschöpft kniete er vor den Füßen der Frau. „Herrin, bitte seid so gütig, mich aus dieser Aufgabe zu entlassen. Ich beuge mich euch nun völlig und verharre still, bis ihr eine neue Anweisung für mich habt. Entgegen meiner ursprünglichen Natur werde ich euch dennoch kein Leid zuzufügen.“ Die Frau stimmte dankbar lächelnd zu und wusste nun für allezeit einen dienstbaren Helfer an ihrer Seite.

Erläuterung
Ein Schelm, wer in dem Dschinn eine Ähnlichkeit zu unseren menschlichen Geist erkennt und im Hinauf- und Hinabklettern eine Analogie zur Beobachtung des eigenen Atems wähnt. Die alten Schriften berichten, dass durch die ausdauernde stille Beobachtung des Atems unser Geist zu einem fügsamen Diener wird.

Ihr Thomas Schönmetz