Autorin: Susanne Schönmetz • Dauer: 5 Minuten


Gewöhnliches wertschätzen und genießen. Wir Yogis und Yoginis praktizieren Yoga, weil es sich so gut anfühlt. Manche mögen ein schweißtreibendes Poweryoga, andere lieben die Entspannung im Yin Yoga oder in Shavasana dahin zu schmelzen. Wenn es sich nicht so gut anfühlen würde, würden wir wahrscheinlich nicht weitermachen. Wir lieben die angenehmen Momente, wenn sich die Spannung in unseren Muskeln löst, das Nervensystem auf Entspannung schaltet und ein Wohlgefühl entsteht. Es sind die Momente, für die wir oft sehr viel Energie aufbringen, um diese angenehmen Empfindungen zu erwecken und zu verlängern. Doch eine achtsame Yogapraxis geht tiefer als ein Streben nach angenehmen Momenten.

Unangenehmes

Um die tiefere Kraft des Yoga zu spüren, müssen wir uns auch in unbequemes Territorium vorwagen. In der Lage zu sein, auch unangenehme Empfindungen auszuhalten, macht uns stark um auch in unserem Alltagsleben Dinge anzugehen und umzusetzen, die etwas Unangenehmes mit sich bringen. Wir müssen die Freude in der Natur zu sein und einen Berg zu besteigen mit den unangenehmen Empfindungen der Anstrengung, den brennenden Waden, den schmerzenden Knien, dem kalten Wind oder der brütenden Sonne auf uns nehmen. Gewöhnliches wertschätzen

Gewöhnliches

Den gewöhnlichen und unauffälligen Momenten in unserem Leben schenken wir meist gar keine Aufmerksamkeit, sie sind uns meist nicht bewusst. Diese gewöhnlichen Erfahrungen in unserem Leben, sind für uns oft nur die Lückenfüller zwischen den vermeintlich wichtigen Erfahrungen. Doch diese neutralen Momente nehmen den größten Anteil in unserem Leben ein. Es sind so alltägliche Dinge wie Zähne putzen, Wäsche aufräumen, das Bett machen, kochen, Auto fahren, einschlafen, aufwachen. Wenn wir diese Momente verpassen, verpassen wir viel von unserem Leben.

Die Yogapraxis ist eine gute Möglichkeit um die Wahrnehmung unserer Erfahrungen und Empfindungen zu üben. Wir nehmen die angenehmen Empfindungen wahr, wenn eine Welle der Entspannung durch unseren Körper strömt und das Glücksgefühl, wenn wir so ganz in Verbindung mit uns selbst sind. Wir spüren auch das Unangenehme, wie das Brennen der Muskeln, die Schultern in der Heldenhaltung oder die Handgelenke im abwärtsschauenden Hund. Neben diesen offensichtlichen Empfindungen die nach unserer Aufmerksamkeit rufen, üben wir auch die neutralen Empfindungen wahrzunehmen. Die Empfindungen die mehr im Hintergrund spürbar sind, jenseits der lauten Empfindungen. Gewöhnliches wertschätzen

Wir spüren so gewöhnliche Dinge wie unseren Atem, die Atembewegungen im Bauch oder den Atemstrom in der Nase. Wir spüren unsere Fußsohlen am Boden, den Kontakt unserer Handflächen auf der Matte, die Sitzknochen am Boden und widmen uns den Übergängen aus einer Haltung in die nächste. Wenn wir den neutralen Erfahrungen unsere Aufmerksamkeit schenken erfahren wir oft ein Wohlgefühl allein durch unsere achtsame Präsenz. Wir entwickeln auf diese Weise eine Yogapraxis, die so viel erfüllender ist, als nur eine Reihenfolge von Asanas zu üben.

Dass unsere neutralen Empfindungen durchaus eine Quelle der Freude und des Glücks sein können macht uns Thich Nhat Hanh, buddhistischer Mönch und Schriftsteller am Beispiel von Zahnschmerzen bewusst. Wenn wir Zahnschmerzen haben, wissen wir, dass es eine wunderbare Sache ist keine Zahnschmerzen zu haben. Wenn wir jedoch keine Zahnschmerzen haben, sind wir dennoch nicht glücklich. Gewöhnliches wertschätzen

Sich öffnen für

Wir können unsere Yogapraxis und unser Leben bereichern, indem wir für all die Dinge dankbar sind, die so normal und gewöhnlich für uns sind. Für die Schmerzen und Verletzungen die wir nicht haben. Für unsere Füße, die uns durchs Leben tragen, für unsere Hände und Arme mit denen wir berühren und umarmen können, für unsere Augen, die sehen, unsere Ohren, die hören, für unsere Organe, die so wundervoll zusammenarbeiten und für unseren Atem, der ohne unser Zutun so ganz zuverlässig ein- und ausströmt. Wir dürfen uns bewusst machen, dass die Freude immer da ist, indem wir uns öffnen für das was gerade geschieht. Gewöhnliches wertschätzen

Ihre Susanne Schönmetz