Autorin:  Jessica Granitza • Dauer: 6 Minuten • 


Die Ursache des Leidens. Leiden entsteht durch ungeprüfte Gedanken. Insofern ist Leiden eine innere Angelegenheit und nicht unbedingt von äußeren Umständen abhängig. Jetzt werden Sie  einwerfen, es gibt schlimme äußere Umstände, wie körperliche Schmerzen, Missbrauch etc., die unmittelbar zu Leiden führen. Ist das wirklich so? Schmerz ist ein körperliches Signal, das uns informiert. Es sagt uns, nimm die Hand von der Herdplatte. Und auch Schmerz nehmen wir im Gehirn wahr und nicht an der Stelle, an der er tatsächlich entstehen sollte.

Gedanken

Es sind die Gedanken, die uns sagen, dieser Schmerz sollte nicht da sein. Ich will diesen Schmerz nicht, die Wirklichkeit ist nicht gut. Und damit das Leiden erst entfachen. Somit haben wir es in der Hand, das Leiden zu beeinflussen. Allein durch das Hinterfragen unserer Gedanken. Tatsächlich produzieren wir mit unseren Gedanken andauernd Geschichten, in denen wir leben. So entstehen in unserer Vorstellung Erwartungen. Dies hat so abzulaufen und jenes so. Jemand anders hat eine andere Geschichte und andere Erwartungen.

Unsere Geschichten

Alles was wir tun im Leben basiert auf Geschichten, die wir uns selbst erzählen. Und Leiden entsteht immer dann, wenn die Geschichte nicht mit der Wirklichkeit zu vereinbaren ist. Immer dann, wenn die Wirklichkeit einen Strich durch unsere Geschichte macht, fangen wir an zu leiden. Wir gehen in Widerstand dagegen, dass die Wirklichkeit nicht so ist, wie sie sein sollte. Denn wir sind überzeugt, sie hat so oder so zu sein, eben wie die Geschichte in unserem Kopf. Und wenn wir genau hinschauen, sehen wir das wirklich alles auf Geschichten unseres Gehirns beruht.

Wenn wir noch einen Schritt weitergehen und alle Geschichten für einen Moment loslassen und uns einfach nur hinsetzen, einen aufkommenden Gedanken dahingehend überprüfen, ob er nicht wieder Bestandteil einer Geschichte sein könnte, die wir uns über die Wirklichkeit erzählen. Und wenn wir dann sitzen und bemerken, alles sind Geschichten, dann bemerken wir auf einmal, den inneren Frieden gefunden zu haben. Dann sind wir frei und in Frieden. Dann gibt es nichts, was wir erreichen wollen.

Gibt es nichts, was wir verändern wollen. Und dann gibt es nichts, woran wir leiden.

Ich spinne diesen Gedanken noch etwas weiter:

Auch eine Zukunft gibt es nicht. Denn auch die Zukunft ist nur eine Geschichte, eine Vorstellung. Solange, bis die Zukunft Gegenwart ist und dann ist sie keine Zukunft mehr, sondern das, was gerade ist. Jetzt könnten Sie einwenden, ja ja, aber wenn ich so denken würde, dass es keine Zukunft gäbe, müsste ich ja aufhören zu planen.

Dann müsste ich von einer Minute in die nächste leben und das hätte viele Nachteile. Ich würde mich nicht auf einen neuen Job bewerben und dann säße ich da, ohne Geld. Ich würde keinen Urlaub planen, säße dann da, ohne Urlaub. Ich würde mir nicht rechtzeitig eine neue Wohnung suchen, dann säße ich da, ohne Dach über dem Kopf.

Richtig, wir müssen planen.

Das ist die große Fähigkeit des Menschen, planen zu können. Wenn wir in dem Bewusstsein planen, dass wir für eine Geschichte planen, dass unser Plan Bestandteil unserer persönlichen Geschichte ist, gibt es kein Problem. Wir planen, uns einen neuen Job, eine Wohnung etc. zu suchen. Wir planen für die Gäste am Wochenende einzukaufen. Und wenn die Gäste nicht kommen, wir einen Unfall haben, der neue Chef, die Wohnung nicht unseren Erwartungen entspricht oder alles anders als geplant verläuft… Wie oft ist es uns schon passiert, dass wir Pläne gemacht haben, die hinterher nicht mehr gepasst haben.

Und trotzdem müssen wir natürlich diese Pläne machen, damit wir nicht ohne Urlaub, ohne Geld und ohne Wohnung dastehen. Aber es sind immer nur Geschichten, innerhalb derer wir planen und die Wirklichkeit kann davon erheblich abweichen. Solange es noch Pläne sind, wissen wir zu keinem Zeitpunkt, ob diese aufgehen. Wenn wir uns ärgern, dass unsere Pläne nicht aufgehen, dann gehen wir in Widerstand und den Krieg gegen die Wirklichkeit.

Die Wirklichkeit

Denn die Wirklichkeit ist so wie sie ist, egal ob uns das passt oder nicht passt, egal, ob das zu unseren Plänen passt oder nicht passt. Und dann können wir uns ärgern, dass wir umsonst Pläne gemacht haben, Investitionen getätigt haben, Geld oder Mühe reingesteckt oder den falschen Partner geheiratet haben.

Wenn wir uns dessen von Anfang an bewusst sind und vor allem auch in dem Moment, in dem es anders läuft als in unserer Geschichte vorgesehen, können wir uns davon befreien, uns zu ärgern, wütend oder verzweifelt zu sein. Wenn wir aufhören mit dem zu hadern, was gerade passiert.

Wir können sogar jegliche Angst ablegen, wenn wir alles akzeptieren können, was die Wirklichkeit bringt. Wenn wir freudig auch die Herausforderungen annehmen können, die früher
unangenehme Gefühle ausgelöst haben, brauchen wir nichts mehr zu fürchten.

Und verändern können wir das, was ist, ohnehin nicht. Egal wie sehr wir damit hadern, egal wie sehr wir leiden. Wir können uns aber erlauben, alles anzunehmen, was ist, ohne uns zu grämen.

Und von dieser ruhigen, friedvollen Position aus, können wir Pläne schmieden.

Ihre Jessica Granitza