Autorin: Antje Künstle • Dauer: 5 Minuten •
Das Thema Yin-Yang beschäftigt mich weiter. Und ich stelle wieder einmal fest, wir leben in der Gesellschaft sehr stark den Yang Anteil, die aktive, männliche Seite. Vor allem jetzt, am Ende des Jahres gibt es noch so viel zu tun, vorbereiten, erledigen. Damit das Weihnachtsfest perfekt, der Jahresabschluss geregelt, die Silvesterfeier glanzvoll wird.
Im Yin-Yang Symbol entspricht dies dem hellen Bereich. Es ist die Kraft der Sonne, des Himmels, Die Bewegung, das Geben. Während der dunkle Anteil im Symbol (Yin) für die Erde, das Mondlicht, das Empfangen, loslassen, fließen, passiv sein steht. Empfangen ist eine zutiefst weibliche Energie. Um empfangen zu können, bedarf es einer Öffnung, aber auch einem Raum, der empfangen kann. Eine gewisse Bereitschaft muss dafür vorhanden sein.
Weihnachtszeit, die Welt empfängt einen Heiland. Was wir wirklich in dieser heiligen Zeit empfangen können? Stille, Frieden, Dankbarkeit, Schönheit, Herzlichkeit, Miteinander, tiefes Verständnis, Einsicht. Bin ich dazu bereit? Bin ich offen für das Geschenk dieser Zeit? Mir fällt da spontan eine bekannte Zen Geschichte ein:
Volle Tasse
Ein westlicher Professor besuchte einen berühmten Zenmeister im Himalaya. Er war voller Fragen und wollte gleich loslegen damit den Meister zu löchern. Der aber schenkte ihm in aller Ruhe eine Tasse Tee ein. Er goss den Tee weiter ein, auch als die Tasse schon überlief: „Halt, sehen sie denn nicht, dass die Tasse bereits voll ist?“ empörte sich der Professor. „Ja, das sehe ich.“ antwortete der Meister. „Die Tasse ist so übervoll wie dein Verstand. Selbst wenn ich deine Fragen beantworten würde, hätten die Antworten doch keinen Platz in deinem Kopf.“
Mein Kopf
Wie voll ist mein Kopf, frage ich mich? Wie viele Konzepte, Geschichten, Philosophien und Vorurteile blockieren eine neue Erfahrung, ein einfaches Empfangen dieses magischen Augenblicks?
Und ich stelle mir gerade vor, wie wir alle mit unseren vollen Köpfen und natürlich auch vollen Bäuchen an Weihnachten zusammensitzen. Wie viel Raum ist da noch für ein offenes, ehrliches Miteinander? Wie kann ich den anderen wahrhaftig sehen, wenn ich nicht einmal mich selbst erkenne? Wenn ich übersättigt bin, mich verirrt und verloren habe im Dschungel der To Do`s, der fixen Vorstellungen und Erwartungen? Den meisten wird das nicht einmal bewusst sein Und genau hier können wir ansetzen. Sich klar machen, wo stehe ich eigentlich? Einen Schritt zurücktreten. Beobachter werden. Mit Meditation und Achtsamkeit. Den Fokus nach innen lenken. Still werden. Das Gewusel der Gedanken und inneren Dialoge zur Ruhe bringen. Allein schon das nährt unsere Yin Seite und unterstützt wiederum das empfangen. Weniger Tun, dafür mehr Sein. Eine neue Erfahrung, die uns tief berühren kann.
Eine schöne Weihnachtszeit voller Tiefe und Sinn wünsche ich Dir.
Deine Antje Künstle
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