Autorin: Susanne Burkhardt • Lesezeit 4 Minuten

Auszeit – endlich! Noch eine Woche. Endlich werden Ferien sein. Das schaffen wir. Müssen wir schaffen – und dann sieben Tage Auszeit. Hoffentlich!

Jeden Montag beginnt das Szenario erneut mit Schulalltag und Hausaufgabenzeit am Nachmittag. Für Kinder, welchen das Lernen schwer fällt, stellen die Hausaufgaben am Nachmittag eine große Hürde dar. Es sind doch nur Aufgaben, die mein Kind zu Hause machen soll. Aufgaben, um neue Lerninhalte zu verstehen, vertiefen und im Langzeitgedächtnis zu speichern. Warum ist das so schwer? Andere Kinder können das doch auch? Warum muss mein Kind unter den Hausaufgaben leiden und ich als Mama und/ oder Papa mit?

Viele Kinder benötigen bis in die Sekundarstufe die Unterstützung und Begleitung beim Erledigen der Hausaufgaben. Meistens haben diese Kinder während ihrer Schullaufbahn eine Hilflosigkeit erlernt. Kinder mit Teilleistungsschwächen sind oder fühlen sich den Anforderungen häufig nicht gewachsen. Sie suchen und brauchen eine Hilfe zur Seite, damit sie die Hausaufgaben bewältigen und am nächsten Tag diese sicher zeigen können. Wer mag schon vor der Klasse zugeben, dass die Hausaufgaben wegen Unverständnis nicht machbar waren?

Mein Kind ist doof & faul

Und schon sitzen die Eltern mit im Boot und übernehmen wertvolle Begleitung und Unterstützung für ihr Kind. Niemand fragt die Eltern, ob sie das auch möchten? Ob sie es können und die Zeit dazu haben? Häufig führt diese Hausaufgaben-Situation auch für die Unterstützer zu einer Heraus- und Überforderung. Die Beziehung zum Kind gerät nicht selten aus dem Gleichgewicht. Gedanken wie, …würde sich mein Kind nicht so doof anstellen, oder… mein Kind hat mal wieder keinen Bock, das ist nur stinkfaul …, tauchen auf und machen den Moment zu einer riesigen Geduldsprobe.

Emotionen kochen

Emotionen kommen hoch, ein ganzer Cocktail an Stress, Unmut, Verzweiflung. Das Kind resigniert, vermeidet die Konfrontation mit seinem gefühlten Unvermögen, das Zutrauen in eigene Fähigkeiten wird immer kleiner. Das Boot gerät ungehalten in einen reißenden Fluss.

Perspektivenwechsel durch Achtsamkeit

Hier kann Achtsamkeit zu einem Perspektivenwechsel verhelfen. Das Boot muss sich nicht dem Stressfaktor ausliefern und im Strudel mitziehen lassen. Du kannst dein Boot bewusst an ein Ufer geleiten und wahrnehmen, was da passiert.

„If you want to truly understand something, try to change it.” Kurt Lewin

Den Moment „sehen“

Beobachte, was die immer wiederkehrende, eskalierende Situation mit Dir und Deinem Kind macht? Wie fühlt sich dabei mein Körper an? Bin ich angespannt und/oder rast mein Herz? Wie ist mein Gesichtsausdruck? Was denke ich? Wie ist die Haltung zu meinem Kind im Augenblick? Kann eine bewusst überlegte Reaktion auf das Verhalten meines Kindes etwas Gelingendes möglich machen? Ist es immer ein bestimmter Reiz, welcher eine immer gleich ablaufende Reaktion auslöst? Ein automatisch ablaufendes Verhaltensmuster? Was braucht es, um diesen auslösenden Reiz rechtzeitig zu hemmen?

Präsent sein für die Tochter/den Sohn ist so wertvoll und die Kinder spüren es. Sie werden gesehen.

Kinder wollen gesehen werden!

Wie durch ein Objektiv. Du filterst die Umgebung heraus und zoomst das Wesentliche heran – in diesem Moment und nimmst wahr. Die Körperhaltung, die Körperbewegung, die Mimik. Was machen die Augen, die Gedanken des Kindes? Nimmt das Kind die Situation wahr? Oder ist es abgetaucht in seiner Traumwelt?

Was ist im Moment wichtig für mein Kind? Das kleine Erfolgserlebnis? Die kleine Zuversicht? Das Wohlfühlen im eigenen Körper? Was kann ich beobachten, um im Augenblick bewusst auf das Verhalten meines Kindes zu reagieren. Kann ich meine Haltung zur Hausaufgaben-Situation verändern?

Patentrezept? – nein

Jedes Kind ist ein Individuum. Es gibt kein Patentrezept. Eltern sind die Experten für ihre Kinder. In Stresssituationen kann es passieren, dass der Kontakt zu sich selbst und zum Kind verloren geht.

Diesen Kontakt bewusst wieder zu finden, bildet die Basis für Veränderung und schafft Zuversicht und Ruhe in der Situation.

Susanne Burkhardt