Autorin: Antje Künstle  •  Lesezeit 4 min. 

Zeitqualität – mein Tag hat Qualität

Achtsamkeit hat sehr viel damit zu tun, voll und ganz im Hier und Jetzt zu sein. Und es geht auch darum, sich seiner momentanen Befindlichkeit bewusst zu werden. Was fühle ich gerade, wie ist meine Energie in diesem Moment? Was sind meine aktuelle Gedanken dazu? Gibt es somit ein Tagesqualität.

Vorsicht Falle

Doch allzu oft „tappen“ wir dabei in die Falle und identifizieren uns dann damit. Wir sagen meist z.B.: „Ich bin müde, oder mir geht’s schlecht, oder ich bin traurig, weil …“ Durch diese Identifikation verinnerlichen und verstärken wir den jeweiligen Zustand dann nur noch mehr.

Loslassen

In der Meditationspraxis lernt man u.a. jede Identifikation los zu lassen. Doch wie kann das gelingen? Eine bekannte Möglichkeit ist, eine andere Wortwahl beim Betrachten des gegenwärtigen Moments. Man sagt dann nicht: „Ich bin traurig“, sondern: „Da ist Traurigkeit.“ Und schon hat man etwas Abstand zwischen sich und der Emotion geschaffen.

Zeitqualität

Eine andere Idee kam mir neulich, indem ich über das Wetter und die damit verbundene Schwingung des Tages sinniert habe. An einem sonnigen Tag herrscht eine heitere Energie, an einem bewölkten Tag ist eine leicht gedämpfte Schwingung wahrzunehmen. Jeder Tag hat seine ganz eigene Energie oder Schwingung – ich nenne das mal vereinfacht Tagesqualität, oder Zeitqualität oder „mein Tag hat Qualität“.

Übung

Diese zu erspüren, erfordert etwas Übung, ein achtsames Hinspüren. Und sie hängt bei weitem nicht immer ausschließlich nur vom Wetter ab. Vielmehr fließt da auch die eigene persönliche Befindlichkeit und vergangene Erfahrungen mit hinein.

Es liegt so manches in der Luft

Zum Beispiel hab ich letztens in der Morgenluft einen ganz bestimmten Geruch wahrgenommen. Für mich roch es total nach Freibad. Obwohl weder Sonnencreme noch Chlor-Geruch in der Luft lagen. Nein, der Duft von kühler Luft, an einem Sommermorgen erinnerte mich an meine Kindheit. An einen Tag, als mein Vater mit mir ins Freibad gegangen ist. Sehr früh morgens, weil es ein heißer Tag werden sollte. Und schon war ein ganz bestimmtes Gefühl da. Dabei ist mir klar geworden, dass unsere momentane Befindlichkeit sowohl abhängig von äußeren Umständen ist, aber auch von Prägungen und Erfahrungen, die tief in uns abgespeichert sind.

Distanz schaffen

Man kann dennoch ganz neutral den Tag beschreiben, so wie man das Wetter beschreibt. Und so schafft man eine Distanz zu sich und seinen Gefühlen. Wenn ich also frage: „Wie ist die Tagesqualität?“ Dann hat das zwar auch mit mir zu tun, ist aber nicht so verwickelt, wie wenn ich mich frage: “Wie geht’s mir denn heute?“ Das schafft Klarheit und Abstand.

Ich identifiziere mich ja auch nicht mit dem Wetter. Denn das Wetter ist einfach wie es ist. Und … es kann sich jederzeit ändern!

Zum Wetter – und der Einstellung dazu – noch ein Zitat von Karl Valentin: „Ich ärgere mich nicht wenn es regnet, denn wenn ich mich ärgere, regnet es auch.

Antje Künstle