Autorin: Susanne Burkhardt • Dauer: 6 Minuten • 


Piggeldy und Frederick. Achtsamkeit sieht so leicht aus. Alles darf so sein, wie es gerade ist. Das klingt easy! Im Sein kommen Gedanken, die ich mir anschaue. Neulich kamen mir dabei die Geschichten von Piggeldy und Frederick in Erinnerung. Piggeldy ist ein lernbegieriges kleines Schweinchen, das seinen großen Bruder mit zahlreichen Fragen löchert. Frederick nimmt Piggeldy auf eine kleine Reise mit, um seine Fragen so gut wie möglich zu beantworten. Piggeldy möchte wissen, was ist. Was ist Faulheit? Was ist Liebe? Was ist Feuer? Was ist Stille? Was ist Freude? Was ist Geduld? Leider konnte ich keine Geschichte zu „Was ist Achtsamkeit?“ finden. Daraus ist diese Geschichte entstanden.

Piggeldy und Frederick.

Piggeldy fragte also seinen großen Bruder: „Frederick, sag mir, was ist Achtsamkeit ?“ „Nichts leichter als das“, antwortete Frederick, „komm mit!“ Und Piggeldy folgte Frederick. „Weißt du wirklich was Achtsamkeit ist?“, fragte Piggeldy vorsichtig. „Natürlich weiß ich, was Achtsamkeit ist“, empörte sich Frederick. „Wenn man das in meinem Alter nicht weiß, dann weiß man es nie.“ „Dann sag`s“, bat Piggeldy. Frederick verlangsamte seine Schritte und lief behutsam weiter. Piggeldy folgte ihm. Piggeldy fragte erstaunt seinen Bruder: „Was ist? Warum gehst du auf einmal so langsam? Geht dir etwa die Puste aus?“

Das Ummichherum.

Frederick blieb stehen und antwortete seinem kleinen Bruder: „Wenn ich mich langsam bewege, dann kann ich meinen Körper und das „Ummichherum“ besser spüren. Die Luft, die mich umgibt, den Boden, der mich trägt, die Wärme in meinem Körper. Ich bin ganz mit dem, was ich im Moment mache.“ „Aber du machst doch gerade gar nichts? Du stehst nur da“, bemerkte Piggeldy. Frederick entgegnete freundlich: „Ich spüre die Erde unter meinen Füßen. Ich spüre, wie mein Atem fließt, wie ich ein- und ausatme. Ich bin ganz mit mir und in meinem Körper. Dabei werde ich mir bewusst, was jetzt gerade geschieht. Auch, dass du mit mir bist. Ich bin achtsam, Piggeldy.“

Das soll achtsam sein?

„Das soll achtsam sein?“, fragte Piggeldy beinahe enttäuscht. „Dann ist Achtsamkeit ja das Gleiche wie sich konzentrieren und aufmerksam sein. Hm, dann weiß ich ja schon, was Achtsamkeit ist. Das muss ich jeden Tag in der Schweinchen-Schule tun.“ Piggeldy legte sich im Gras nieder und beobachtete, wie ein Marienkäfer vor seinen Augen einen Grashalm hoch- und runterkrabbelte. Frederick bemerkte den zufriedenen Ausdruck in Piggeldys Gesicht. Insbesondere, weil sich da ein Lächeln in Piggeldys Schweinchengesicht zeigte. Schön war für Frederick zu sehen, wie Piggeldy einfach so daliegen konnte, geduldig den Marienkäfer zu beobachten und mit diesem präsent zu sein. Frederick wurde neugierig und fragte seinen Bruder: „Piggeldy, was machst DU gerade?“

Siehst Du das nicht?

„Siehst du das nicht? Ist doch faszinierend, wie der kleine Käfer mit seinen schwarzen Punkten auf dem Rücken, an diesem dünnen Grashalm hoch- und runtermarschiert. Der Grashalm biegt sich kein bisschen. Wenn ICH über die Wiese laufe, wird alles unter mir platt.“ Während Piggeldy sprach, ließ er seine Augen stetig auf den Marienkäfer gerichtet. Frederick wollte wissen: „Wie fühlt sich das in deinem Körper an, wenn du ganz bei dem Marienkäfer bist?“ Piggeldy runzelte die Stirn, schaute zu seinem großen Bruder, dann wieder zum Marienkäfer. Frederick war sich bewusst, dass sich Piggeldy genau jetzt mit seinem Körper beschäftigte, nachspürte, was er dabei fühlte.

Ich fühle mich.

Piggeldy sagte: „Da ist so ein wohliges Gefühl im Bauch. Und ich spüre so eine Leichtigkeit im Kopf.“ „Und ist das anstrengend? Schließlich bist du konzentriert und aufmerksam“, fragte Frederick weiter. Piggeldy richtete sich auf und erwiderte: „Nein, gar nicht, im Gegenteil. Ich fühle mich wach und voller Energie. Warum ist das so?“ Frederick antwortete: „Wenn du dich auf eine Erfahrung im Jetzt konzentrierst, etwa darauf, den Marienkäfer zu beobachten, deine Atmung zu spüren oder die Geräusche in der Natur zu hören, kommen deine Gedanken im Kopf zur Ruhe.

Innehalten.

Dieses Innehalten schafft Raum im Kopf, um wahrzunehmen, was gerade vor sich geht. Du wirst dir bewusst, was in deinem Kopf, in deinem Körper und um dich herum gerade geschieht.“ „Dann ist Achtsamkeit ja viel mehr als konzentriert sein“, stellte Piggeldy neugierig fest. Frederick konnte nur bestätigen: „Ja, mein lieber Piggeldy, achtsam sein ist viel mehr!“

Frederick legte sich neben seinen Bruder in die Wiese. Ganz nah, um seine Nähe spüren zu können. Piggeldy sprach zu Frederick: „Es ist so still um uns herum Frederick. Hörst du das auch?“ Frederick antwortete nicht. Mit offenem Herzen wandte er sich der Stille zu, um mit seinem kleinen Bruder in der Stille die Stille hören zu können.

Ihre Susanne Burkhardt