Autorin: Andrea Weber • Dauer: 5 Minuten


Alle Jahre wieder. Es ist kein neues Thema und man könnte meinen, dass inzwischen eine „Lösung“ gefunden sein könnte. Anscheinend ist das nicht der Fall.

Immer wieder taucht das Thema Stress am Arbeitsplatz oder in Bezug zur Arbeit in den Medien aufs Neue auf. Vor kurzem habe ich gelesen, dass laut einer aktuellen Studie, für die im November/Dezember 2022 befragt wurde, der Stresslevel von Mitarbeitenden weiter gestiegen ist.

Kein neues Phänomen

Stress ist wirklich kein neues Phänomen. Wir sind immer wieder mit Veränderungen in unserem Alltag konfrontiert, die unterschiedlich herausfordernd sein können und von uns eine Anpassung erfordern. Das betrifft nicht nur den Arbeitsbereich, sondern auch den familiären Kontext. Eltern oder Kinder benötigen mehr Unterstützung und wir selbst erleben Einschränkungen durch Krankheiten oder durch das Altern. Aber das sind alles Dinge, die wirklich nicht „neu“ sind. Hinzu kommen aktuell die Belastungen durch den Krieg in der Ukraine und eine allgemeine Verunsicherung. Alle Jahre wieder

Ende der 1970er Jahren hat sich Jon Kabat-Zinn mit diesem Thema auseinander gesetzt und seit 1979 gibt es MBSR (Mindfulness Based Stress Reduktion). Nun mag der eine oder die andere denken, dass das Programm in die Jahre gekommen ist, es ist immerhin schon 44 Jahre alt. Angesichts der immer wieder auftauchenden Meldungen über die Gestresstheit und deren Folgen hat dieses Programm absolut nichts an Aktualität verloren. Zudem ist es sehr gut untersucht und seine Wirksamkeit wurde wiederholt nachgewiesen. Alle Jahre wieder

Angebote & Wirkung

Inzwischen gibt es viele „Achtsamkeits-Angebote“ auf dem Markt, von einem Eintageskurs über Wochenendseminar bis zu x-wöchigen Kursen, mit kürzeren Übungszeiten. Ob die Wirksamkeit der einzelnen Angebote nachgewiesen ist, kann ich nicht beurteilen. Vielleicht haben sie ja auch nicht diesen Anspruch, den Jon Kabat-Zinn an sein Programm hatte. Und wenn Achtsamkeit als Wochenend-Wellness vermarktet wird und es den Teilnehmenden eine Verschnaufpause in ihrem geschäftigen Alltag ermöglicht, ist nichts dagegen einzuwenden. Die Frage ist, wie lange es nachwirkt und ob sich dadurch etwas im Umgang mit Stress verändert.

Aus meiner Erfahrung ist mehr notwendig, um wirklich eine Veränderung im Umgang mit dem alltäglichen Herausforderung, also dem täglichen Stress, zu erreichen. Zwar wünschen wir uns eine schnelle Lösung, diese ist leider unrealistisch. Alle Jahre wieder

Es erfordert vielmehr als erstes, die eigene Erfahrung von Stress zu akzeptieren.
Unsere gewohnheitsmäßige Reaktion ist nicht diese Akzeptanz, sondern zum Beispiel Ablehnung oder Verleugnung und damit wende ich mich von diesem Problem ab. Diese Ablehnung verhindert, dass eine mögliche Lösung, ein passender Umgang mit den Herausforderungen und Belastungen gefunden werden kann. Es ist leichter über den Stress zu klagen als sich einzugestehen, dass dieser ein Problem darstellt. Darüber hinaus kommt vielleicht ein Gefühl der Schwäche oder des Versagens auf, wenn Stress zu einem Problem wurde oder die Befürchtung, andere könnten es so sehen. Deshalb sich lieber ablenken als sich mit Stressbewältigung beschäftigen, denn das käme einem Eingeständnis gleich. Alle Jahre wieder

Kommt man soweit, sich einzugestehen, dass ein anderer Umgang mit Stress erforderlich ist, kommt die Frage, was tun? Nun für mich persönlich steht außer Frage, dass die Antwort hierauf MBSR ist, der klassische 8-Wochen-Kurs. Aber es reicht nicht, “ nur“ am Kurs teilzunehmen.

Im zweiten Schritt kommt das regelmäßige Üben.
Dies ist ebenso eine Herausforderung in unserem geschäftigen Alltag wie das „Gelernte“ in diesen Alltag zu integrieren. Denn was nützt es, im stillen Kämmerchen ganz bewusst sein zu können, wenn dies nicht auch nach dem Öffnen der Zimmertüre möglich ist. Alle Jahre wieder

Auch wenn MBSR nicht die schnelle Lösung des Problems ist, es lohnt sich, sich auf den Weg zu machen.

Ihre Andrea Weber