Autorin:  Susanne Schönmetz • Dauer: 7 Minuten


Eine Reise durch die Koshas. In der Yogaphilosophie wird das was unser Sein ausmacht im Kosha-Modell beschrieben. Ein Modell das bereits im 5. Jahrhundert v. Chr. entstanden ist und den Zusammenhang zwischen Körper, Geist und Seele beschreibt. Fünf Aspekte des Menschseins beschreibt das Kosha-Modell. Man kann sich die Koshas in Hüllen oder Schichten vorstellen. Manchmal werden sie auch als Körper oder Ebenen bezeichnet.

Diese fünf Schichten umhüllen unseren innersten Kern, unsere Seele. Sie sind nicht voneinander getrennt, sie sind durchlässig und nehmen wechselseitig Einfluss aufeinander. Sie führen von der grobstofflichen Struktur bis zur feinstofflichen Form. Wobei die äußere Schicht der physische Körper grobstofflich ist und die vier weiteren Schichten, die Vitalkraft, Gedanken und Gefühle, die Erkenntnis und die Freude von feinstofflicher Natur sind.

Die Yoga Praxis wirkt auf alle Ebenen und wir können die einzelnen Ebenen gezielt ansprechen. Da die Grenzen zwischen den Koshas durchlässig sind und ein Ungleichgewicht auf einer Ebene auch andere Ebenen betrifft, wirken Maßnahmen die wir zur Verbesserung ergreifen auch auf mehrere Ebenen zugleich. Asana, Pranayama, Tiefenentspannung, Yoga Nidra und Meditation wirken auf alle Ebenen. Jede Schicht des Kosha-Modells hat ihre eigenen Auswirkungen auf unser Wohlbefinden und wir dürfen auf allen Ebenen für uns sorgen.

Ich versuche hier das Kosha-Modell nach meinem Verständnis zu beschreiben, was keinen Anspruch auf Vollständigkeit erfüllt. Dazu kann man ganze Bücher füllen. Wenn wir uns auf allen Ebenen unseres Seins erleben, erforschen und erkennen, sei es bei unserer Yogapraxis oder in den verschiedensten Lebenssituationen kommen wir in Kontakt mit unserem innersten Wesenskern und erkennen unsere wahre Natur und wer wir wirklich sind.

Annamaya Kosha

Annamaya Kosha ist die äußerste Schicht, unser grobstofflicher Körper, der physische Körper aus Knochen, Organen, Muskeln und Haut. Der physische Körper ist sichtbar, anfaßbar und spürbar. Auf den physischen Körper können wir mit gesunder Ernährung, Entspannung, Massagen und angemessener Bewegung wirken. Nur wenn unser Körper gesund ist können wir unser Leben in seiner ganzen Fülle erfahren.

Yogis üben Asanas um den Körper stark und beweglich zu machen und den Bodyscan um den Körper zu spüren. Wenn wir präsent in unserer Körperhülle sind spüren wir die Signale die unser Körper sendet. Wir nehmen wahr wie sich der Körper während und nach einer Übung anfühlt. Ob irgendwo im Körper mehr Raum oder Weite entstanden ist. Ob wir angemessen üben und ob sich unser Körper wohl fühlt oder irgendwo Schmerz oder Enge ist. In unserem Körper sind all unsere Erfahrungen abspeichert und so ist es eine gute Idee mit der Körperarbeit zu beginnen. Wir wirken über unseren Körper auf alle anderen Hüllen und wenn wir Asanas im Einklang mit unserem Atem üben, nehmen wir unmittelbar Einfluss auf den nächsten Kosha.

Pranamaya Kosha

Pranamaya Kosha, die Hülle der Energie vermittelt zwischen der Innen- und Außenwelt. Der Energiekörper gehört bereits zum feinstofflichen Körper, da seine Strukturen nicht sichtbar, sondern energetisch spürbar sind. Atem und das fließen der Energie durchdringen unseren grobstofflichen Körper und wirken auf den Geist. Energie nehmen wir als Bewegung, Schwingung, Strömen, Kribbeln oder Wärme wahr. Unser Herzschlag, der Atem, unser Nervensystem mit Sympathikus und Parasympathikus lässt uns die Energie spüren. Wir nehmen war was und wer uns Energie gibt und was uns Energie raubt.

Im Yoga bewegen wir die Energie durch unseren Körper. Pranayama, die Atemübungen, Atembeobachtung und bewusste Bewegung in Verbindung mit dem Atem verändern unseren Energiefluss. Wir spüren das Energieniveau nach belebender oder entspannender Atemtechnik und wie sich der Atem auf unser ganzes Sein auswirkt.

Manomaya Kosha

Manomaya Kosha, die Mentalhülle oder auch Hülle der Gedanken und Gefühle. Verarbeitung der Sinneseindrücke, unbewusste und verdrängte Emotionen, Wertesystem, Meinungen, Überzeugungen und Glaubenssätze, die uns durch unsere Erziehung, unser Umfeld und durch den Umgang mit der Welt prägen. Auch diese Hülle durchdringt alle anderen Hüllen und wirkt aktivierend, lähmend oder ausgleichend auf unser ganzes Menschsein.

Hier arbeiten wir mit Selbsterforschung, wir meditieren um unsere Gedankenmuster zu erkennen ziehen unsere Sinne nach innen zurück, konzentrieren uns auf bestimmte Wahrnehmungen, analysieren unsere Situationen und entwickeln angemessene Konzepte. Wir üben positives denken und fühlen.

Vijnanamaya Kosha

Vijnanamaya Kosha, die Hülle der Weisheit umfasst unsere Fähigkeit zu tiefem Wissen, Erkenntnis und Einsicht. Hier unterscheiden wir zwischen bleibenden und vergänglichen Werten, zwischen dem was gut für uns ist und was nicht. Wir erkennen die Überzeugungen und Glaubenssätze, die wir einfach von unserem Umfeld übernommen haben und uns von unserem wahren Wesenskern entfernen. Hier bekommen wir Zugang zu Kreativität, Intelligenz, Intuition und Weisheit. Es ist Wissen das wir nicht in Schule oder Studium erlernen, nicht die Geschichte die uns unser Verstand erzählt. Es ist klares Wissen und Intuition, die entsteht durch eine tiefe Verbundenheit mit uns Selbst. Unsere innere Stimme weiß was gut und wirklich wahr ist.

Wir üben geführte Meditation, Erweckung innerer Bilder, Konzentration auf das reine Dasein, Reflexion auf die eigenen Werte, tiefe Zufriedenheit. Wir entwickeln unseren inneren Beobachter und schauen von außen auf das was wir denken und fühlen und tun.

Anandamaya Kosha

Anandamaya Kosha, die Hülle der Freude und Glückseligkeit, das Ziel der Reise. Wenn wir frei sind und ganz ohne Ablenkung der anderen Koshas und uns nicht mehr durch unseren Körper oder Geist identifizieren, machen wir die Erfahrung des wahren Seins und seiner Freude. Eine Freude tief aus dem Inneren, die immer da ist. Wie die Sonne die wir nicht sehen können, wenn der Himmel bedeckt ist, so ist die Freude immer da, wir kommen nur nicht immer durch. Wir dürfen uns so begegnen wie wir wirklich sind und uns trauen den mühsamen und leidvollen Weg durch Wolken und Nebel zu nehmen. Dahinter ist Freude und tiefe Zufriedenheit. Hier entsteht auch das Gefühl der Verbundenheit, ein Einheitsgefühl, von den Yogis auch Erleuchtung genannt.

Das Mantra „Sat-cit -ananda“ beschreibt diesen Zustand. Pures Sein, vollkommenes Bewusstsein und tiefe Freude. Vielleicht ist Erleuchtung nicht unser Ziel, doch wir haben vielleicht alle schon diese tiefe Freude und Glückseligkeit aufblitzen sehen.

Eure Susanne Schönmetz