Autorin: Susanne Schönmetz • Dauer: 5 Minuten •
Gegenpole. Gegenpole gehören zur Ganzheit. Solange wir leben sind wir dem Spannungsfeld der Polarität ausgesetzt. Das ist das Gesetz der Natur. Himmel-Erde, Sonne-Mond, Ha–Tha, Einatmen-Ausatmen, Sympathikus-Parasympathikus, innen–außen, oben-unten, rechts–links … Dinge kommen und gehen, es gibt keinen Anfang ohne Ende, keine Freude ohne die Erfahrung von Leid, keine Mitte ohne die Gegensätze. Auf den Tag folgt die Nacht, auf den Winter der Sommer, auf das Leben der Tod. Die Polarität zu leben ist ein Balanceakt, es ist die Kunst des Lebens.
Gegenpole im Körper
Heute möchte ich ausschließlich die Gegenpole im Körper beleuchten. Unser Körper beherrscht die Einbeziehung des Gegenpols sehr gut. Oft ist uns das nicht bewusst und wir machen uns diese Zusammenhänge und Wechselwirkungen nicht zu Nutze. So kosten uns unsere Bewegungen, das Gehen, Sitzen und Stehen unnötig viel Energie. Gegenpole
Ein Yogi nutzt das Prinzip der Polarität um Leichtigkeit in seine Asanapraxis zu bringen. Machen wir uns das am Beispiel der Aufrichtung bewusst. Wir strecken uns nach oben um uns aufzurichten. Der Fokus ist nach oben in die Richtung in die wir uns bewegen wollen gerichtet. Wir streben mit unserer ganzen Kraft nach oben. Auf diese Weise wird die Haltung sehr schnell mühsam und hart und wir können die Position nicht für längere Zeit in einer entspannten Leichtigkeit einnehmen. Wenn wir dagegen den Gegenpol miteinbeziehen und auch das Unten nutzen gelingt es, uns mühelos, organisch und harmonisch aufzurichten. Gegenpole
Die Pole bedingen sich gegenseitig. Bringen wir beide Pole in Verbindung arbeiten sie zusammen und wir finden Stabilität und Leichtigkeit. Nun heißt es den Gegenpol zu finden, der uns bei der jeweiligen Asana und auch im Alltag unterstützen kann. Gegenpole
Die Natur als Vorbild
Nehmen wir die Natur als Vorbild. Genau wie ein Baum sich tief in der Erde verwurzelt um hoch in den Himmel zu wachsen bauen wir in Standhaltungen zuerst den festen Kontakt der Füße mit dem Boden auf und erlangen so Festigkeit und Stabilität. Aus dieser stabilen Basis können wir uns frei und leicht auf- und ausrichten. Wir verwurzeln uns nach unten um nach oben zu wachsen. Wir bringen noch ein bisschen mehr Energie in diese Verbindung mit der Erde indem wir die Füße in den Boden schieben. Ein Gegenimpuls nach oben entsteht und wir können spüren wie sich unser Körper aufrichtet, ganz mühelos und ohne Kraftanstrengung. Die Beine strecken sich, das Becken richtet sich auf, die Wirbelsäule wächst aus dem Becken nach oben, der Brustkorb öffnet sich und Nacken und Kopf reihen sich ein. Wenn wir jetzt noch nach oben wachsen spüren wir die Gegenpole in Beziehung und Wirkung.
Im Liegen
Dieses Zusammenspiel der Gegenpole finden wir in allen Positionen. In Standhaltungen im Liegen, Sitzen, auf den Knien, den Händen und Armen. Liegen wir auf dem Rücken und üben die Schulterbrücke schieben die Fußsohlen und Arme in den Boden und wir können die Brücke zwischen Füßen und Schultern mühelos aufspannen. Im Krokodil sind Schultern, Arme und Hände der Gegenpol für die Drehung des Beckens. Liegen wir dagegen auf dem Bauch und üben die Kobra unterstützt uns das verwurzeln unseres Beckens und der Fußrücken um nach oben zu fließen. Gegenpole
Im Sitzen
In sitzenden Positionen ist es unser Becken, sind es die Sitzknochen die uns unterstützen um uns aufzurichten. Wenn du jetzt gerade auf einem Stuhl sitzt während du diese Zeilen liest, dann probiere es doch gleich aus.
Verwurzle deine Füße am Boden und rolle dich dann bewusst auf deine Sitzknochen und spüre dabei wie sich dein Rücken mühelos aufrichtet.
Für einen Seit-Stretch hebe nun deinen rechten Arm lang nach oben und führe ihn in eine Seitbeuge nach links. Dein Gegenpol zum Arm ist jetzt die rechte Beckenseite. Spüre was sich verändert, wenn du die rechte Beckenseite, den Sitzknochen in deine Sitzunterlage schiebst. Übe nun auch die linke Seite. Gegenpole
Versuche es noch mit einer Drehung. Aus deiner stabilen Basis, die Füße verwurzelt, dein Becken stabil, der Rücken aufgerichtet, beginnst du deine Drehung harmonisch von unten nach oben zu einer Seite. Hier hast du sogar zwei Gegenimpulse. Einmal die Länge im Rücken, die durch das verwurzeln deiner Füße und des Beckens entsteht. Und auch das Becken das stabil in seiner Achse bleibt und so dagegenhält, wenn du dich aufdrehst. Übe auch hier noch die andere Seite. Gegenpole
Wenn du nachher von deinem Stuhl aufstehst versuche doch mal zwei Varianten und nimm den Unterschied wahr. Wenn du aufstehst richte deine Aufmerksamkeit nach oben, dahin wo du hinwillst. Versuche es noch einmal und setze auch deine Füße und Beine ein, schiebe sie kraftvoll in den Boden um dich nach unten abzustoßen.
In der Entspannung
Auch ganz entspannt, wenn wir in Shavasana auf dem Boden liegen können wir die Gegenpole verbinden und zum Anlass einer meditativen körperlichen Erfahrung machen. Wir spüren die tragende Kraft der Erde und geben uns ganz vertrauensvoll der Erde hin. Gleichzeitig können wir die Weite und Freiheit des Himmels über uns spüren. Wir atmen ein und nehmen die Öffnung nach oben zum Himmel wahr, wir atmen aus und lassen los, lassen uns von der Erde tragen und Erd- und Himmelspol finden in uns in Verbindung. Gegenpole
Vielleicht konnte ich dich ja ein wenig motivieren, deine Alltags- und Yogahaltungen neu zu erforschen um die Gegenpole in dir in Verbindung zu bringen. Gegenpole
Deine Susanne Schönmetz
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