Autorin:  Jessica Granitza • Dauer: 5 Minuten • 


Gibt es tatsächlich ein „egal“? Ein Blick auf Gefühle, Aufmerksamkeit und Achtsamkeit.

Von einer Dharma-Lehrerin habe ich einmal gehört: Nichts, was den Reizfilter unseres Gehirns passiert, ist uns wirklich egal. Alles, was unsere Aufmerksamkeitsschwelle überschreitet, trägt bereits eine emotionale Färbung in sich. Wäre es völlig neutral, hätte der Thalamus (das sogenannte „Tor zum Bewusstsein“) es aussortiert. Diese Aussage hat mich in den letzten Tagen beschäftigt.

Denn scheinbar gibt es doch viele Dinge, die uns – zum Glück – gleichgültig sind. Doch selbst bei solchen vermeintlich neutralen Entscheidungen entstehen minimale emotionale oder körperliche Reaktionen. Auch „rein logische“ Entscheidungen beruhen immer auf winzigen Gefühls- und Körperreaktionen, die unser Handeln unbewusst mitsteuern.

Verarbeitungsgeschwindigkeit

Unser Gehirn verarbeitet pro Sekunde Millionen von Sinnesreizen. Der größte Teil wird gefiltert, bevor er unser Bewusstsein erreicht (selektive Aufmerksamkeit). Aber auch unbemerkte Reize können körperliche Reaktionen auslösen. Das Gehirn bewertet ununterbrochen – selbst dann, wenn wir nichts bewusst wahrnehmen. Streng genommen gibt es immer einen kleinen emotionalen Ausschlag, auch wenn er kaum spürbar ist. Das bedeutet: Selbst wenn wir glauben, nichts zu fühlen, läuft ein unterschwelliger affektiver Prozess ab, der unser Verhalten beeinflusst.

Hinzu kommt: Auch innere Signale aus dem Körper wie Herzschlag, Atmung, Spannungszustände werden vom Gehirn bewertet und prägen unser Empfinden von Stimmung, Wohlbefinden und innerem Gleichgewicht.

Durch Achtsamkeitsübungen können wir lernen, diese subtilen Signale bewusster wahrzunehmen und zwischen rationaler Einschätzung und emotionalem Impuls zu unterscheiden. Je besser wir diese feinen Regungen im Körper spüren, desto leichter können wir auch Stressreaktionen frühzeitig erkennen und entschärfen.

Wahrnehmungsübung

Eine einfache Übung macht diese feinen Ausschläge erlebbar:

  1. Wählen Sie zwei neutrale Objekte, z. B. einen Stift und ein Glas.
  2. Stellen Sie sich die Frage: „Welches würde ich wegnehmen, wenn ich müsste?“
  3. Beobachten Sie die spontane Entscheidung. Welche rationalen Gründe tauchen auf? („liegt näher, leichter zu greifen“ etc.) – benennen Sie diese bewusst.
  4. Schließen Sie die Augen und spüren Sie in den Körper hinein. Gibt es kleine Reaktionen in Verbindung mit den Gegenständen? (ein leichtes Ziehen, ein Gefühl von Bequemlichkeit, eine Veränderung des Herzschlags, Spannung, Wärme, ein Impuls in Hand oder Bauch etc.)
  5. Nehmen Sie wahr, wie Rationalität und Emotion zusammenwirken.

Herzlich, Ihre Jessica Granitza