Autorin: Susanne Schönmetz • Dauer: 5 Minuten •
Anfängergeist. Ein wichtiger Aspekt der Achtsamkeitspraxis ist das üben und kultivieren des Anfängergeistes. Doch gleich vorneweg, ich bin kein Experte und berichte aus meiner Erfahrung. Ein Anfänger ist noch kein Experte, er hat noch wenig Wissen in der jeweiligen Sache und ist wenig professionell. Wir könnten den Anfängergeist auch mit Nichtwissen beschreiben. Warum sollen wir das anstreben?
Ohne unser Wissen und unsere Erkenntnisse, Routinen und Gewohnheiten wäre unser Leben chaotisch und mühsam. Wir müssten bei jeder Handlung neu denken und überlegen. Doch es wäre schade nur nach Konzepten, Regeln, Gewohnheiten und Routinen zu leben, denn sie stellen sich zwischen uns und den Zauber des Moments.
Neues beginnen
Wenn wir etwas Neues beginnen oder lernen sind wir wach, offen und neugierig, bis hin zu euphorisch. In den Momenten des Neuen liegt ein besonderer Zauber und an diese Erfahrungen erinnern wir uns gerne zurück. Der Anfängergeist ist eine innere Haltung, die uns etwas wie das erste Mal erleben und erfahren lässt. Wir befreien uns von unseren Vorurteilen, Meinungen, Annahmen und Bewertungen und können so mit der Wirklichkeit sein und kommen mitten hinein in die Realität genauso wie sie ist.
Eine Geisteshaltung offen, frisch, wach, neugierig, verspielt und frei von Erwartungen. Vergleichbar mit der Neugier eines Kindes, das viele Dinge zum ersten Mal erlebt. Kinder erfreuen sich an noch so kleinen Dingen, da sie der Welt mit unvoreingenommenem Blick begegnen, also mit dem Geist des Anfängers. Als Erwachsener erfahren wir die Welt eher bekannt und vertraut.
Wenn ich auf meine Yogamatte gehe ist der Anfängergeist eine wichtige innere Haltung um immer wieder von neuem mit Unvoreingenommenheit und einem frischen Blick zu üben. Das Kultivieren eines Anfängergeistes bewahrt mich davor, meine Praxis in Routinen erstarren zu lassen.
Jedes Mal neu
Ich setze mich auf mein Meditationskissen und spüre, wie sitze ich hier, wie fühle ich mich, wie bin ich hier mit meinem Körper, meinem Atem, meinem Geist, meiner Gemütslage. Jedes Mal ist es anders, jedes Mal ist es neu.
Mit zunehmender Praxis und Erfahrung wird unsere Yogapraxis routinierter und vorhersehbarer und sobald wir denken alles zu wissen, sobald wir das Gefühl haben etwas zu kennen laufen wir Gefahr in die Routine zu verfallen.
Regelmäßig übe ich ein Krokodil und eine Schulterbrücke, ohne dass es zur Routine wird oder dass Langeweile entsteht. Ich übe als wäre es das erste Mal, als gäbe es keine Vergangenheit. Ich bin in jedem Moment offen und neugierig auf das was sich entwickelt, was ich spüre und fühle. Manchmal entstehen auf ganz spielerische Weise neue Varianten und Atemmuster. Ich gebe mich ganz dem Moment hin und bleibe wach für das Wunder des Augenblicks. So hält das Üben im Anfängergeist auch nach Jahren immer wieder neue Erfahrungen und Erkenntnisse für mich bereit.
Auch in unserem täglichen Leben können wir den Anfängergeist kultivieren. Wir dürfen uns besinnen und ohne Erwartungen neu entdecken, offen und neugierig, so wie ein Kind das die Welt entdeckt. Wir können immer wieder Innehalten, ein Atemzug machen und uns die Frage stellen: Was passiert hier gerade? Wie geht es mir? Was möchte ich mir in mein Leben holen?
Gewohnheiten brechen
Wir können bewusst Gewohnheiten brechen. Etwas tun was wir noch nie oder schon lange nicht mehr getan haben. Vielleicht ein neues Hobby finden, einen anderen Weg zur Arbeit nehmen, ein neues Gericht ausprobieren und vor allem, wir können etwas Neues lernen.
Die Welt neu zu entdecken und zu erfahren macht uns wacher und kreativer. Neu und offen auf die Dinge zuzugehen ermöglicht neue Ideen, neue Blickwinkel, neue Gedanken und neue Lösungen. So können wir nicht nur zauberhafte Augenblicke erfahren, wir können uns auch weiterentwickeln.
Wach sein für die Welt, ein neuer Blickwinkel auf uns selbst, unsere Mitmenschen, Situationen und die Natur lässt uns erfahren, dass tatsächlich jeder Augenblick neu und frisch ist, noch nie in dieser Form dagewesen ist und auch nie wieder so sein wird. Jeder Moment ist einzigartig.
Ihre Susanne Schönmetz






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